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ANSWER MACHINE
Grischa Lichtenberger & Sarah Ambrosi
ECK Museum of Art, Bruneck, 8.11.–30.11.2024
Kunst
wird oft analog zu dem einfachen Kommunikationsmodell von Sender und Empfänger
als zweiseitiges Geschehen zwischen Produzent und Rezipient erklärt. Die
künstlerische Produktion denkt man daran anschließend einerseits als solitäre
Auseinandersetzung mit mehr oder weniger relevanten Fragen und andererseits als
bewusste Positionierung in und gegenüber dem gesellschaftlichen und kulturellen
Kontext.
Jenseits
dieser beiden Aspekte zieht sich eine oft vergessene Spur der Adressierung des
Anderen durch künstlerische Werke, finden sich hier vielfältige Niederschläge
von Gesprächen mit Freunden, Geliebten, Gleichgesinnten. In der Ausstellung
ANSWER MACHINE versuchen Sarah Ambrosi (*1981 in Brixen) und Grischa Lichtenberger
(*1983 in Bielefeld), die zusammen in Berlin leben, eben diese intime Korrespondenz
zu beleuchten, die klandestine Dimension ihrer Werke in den Blick zu bringen.
Korrespondenz
meint hier das tatsächliche, mitunter schriftliche Gespräch miteinander, das
Rückhalt schenkt und Trotz angesichts der Unsinnigkeit des eigenen Tuns ermöglicht
– aber nicht, weil der Andere eine tragfähige Antwort hätte, sondern weil ihn die
gleichen Fragen umtreiben und er so die Fragwürdigkeit selbst bestätigt. Die
Adressierung des Anderen berührt darüber hinaus die Sphäre der existenziellen
Bedeutung, von der die Kunst zehrt und die sie zu bezeugen sucht, die aber gegenüber
einer anonymen Öffentlichkeit so nicht zu halten wäre. Neben dem ausdrücklichen
Gespräch verweist Korrespondenz auch auf die zuweilen unwillkürliche Resonanz
zwischen und in den Werken selbst. Unter der Hand infizieren sie einander, hinterrücks
übertragen sich Strategien, entwickeln sich Ähnlichkeiten, ergeben sich Bezüge,
wuchert der Dialog heimlich in den Arbeiten fort.
Das
Gespräch, auch wenn es im Raum der Vertrautheit und Intimität stattfindet, ist aber
keine glatte Einhelligkeit, keine abgesicherte Nähe und oft nicht einmal eine
hinreichende Verständigung über die aufgeworfenen Fragen. Es besteht vielmehr
aus lauter Verschiebungen, Ablenkungen, Umwegen und ist gerade von der
Differenz gezeichnet, wird immer wieder von der Andersheit des Anderen, von seiner
Transzendenz wie von der eigenen Undurchsichtigkeit eingeholt. Wie Kunstwerke haben
Gespräche „wolkige Stellen“ (Walter Benjamin), hier wie dort sind Gesten,
Zeichen und Worte lediglich um das Unsagbare herum gewoben, das sich wie ein
Gespenst dem direkten Zugriff entzieht.
Der
Andere, der unserem Fragen und Zweifeln Rückhalt gibt und eine leise Hoffnung
einschreibt, ist also (wie Gott) gerade keine ANSWER MACHINE, die verlässlich passende
Antworten geben würde. Im Gegenteil, brauchbare Antworten bleiben wir einander
schuldig. Gerade dieses Schulden, unsere immer unzulängliche Übersetzung des
Unsagbaren, setzt aber ein unendliches Gespräch in Gang, in dem es gerade nicht
um den Austausch von Informationen geht, nicht um den Inhalt des Gesagten,
sondern um das Sagen und Antworten selbst.
© Fotos: Grischa Lichtenberger
ZWISCHEN KISSEN
Bilder und Interventionen aus Textilien von Sarah Ambrosi
Schloss Welsperg, 7.6.–31.10.2024
Selbst bei geschlossenen
Fenstern ist in den Räumen von Schloss Welsperg der Pidigbach zu hören
– das Verhältnis der Bewohner zur Ewigkeit muss, eingebettet in dieses unaufhörliche
Fließen und Rauschen, innig gewesen sein. Und doch haben sie es für nötig
befunden, eine Festung zu errichten, die sie abschirmt gegen die Welt und davor
bewahrt, sich spurlos im allumfassenden Sein aufzulösen.
Steine über Steine,
meterdicke Mauern, die Jahrhunderte bleiben, und dazwischen zerbrechliche
Menschen, prächtig geschmückt in ausladendem Gewand. Alles hier spricht vom
Gewicht, das gegen die Zeit in die Zeit geworfen wurde, ein Schiff und ein
Anker, ein Gefährt und ein Lot – gegen das Verlorengehen in beiderlei Hinsicht:
Schwere, um nicht weggespült zu werden ins Vergessen, und Wendigkeit, um nicht liegenzubleiben,
sondern mit der Zeit zu reisen.
In der Ausstellung
"zwischen kissen" zeigt Sarah Ambrosi ihre jüngsten Arbeiten, die sie
während einer dreimonatigen Artist Residency in Südtirol speziell für Schloss
Welsperg entwickelt hat, sowie ausgewählte Stücke aus Berlin.
https://www.gsieser-tal.com/de/hot-spots/burgen-schloesser/schloss-welsperg.html
https://freight.cargo.site/m/F1869315217099980631978209852137/handzettel-deutsch.pdf
https://freight.cargo.site/m/Y1869323900960093562970761738985/handzettel-englisch.pdf
© Fotos: Anna Schäffler